Wir veröffentlichen auf diesem Blog keine Pressemitteilungen und versuchen mit jedem Beitrag einen Mehrwert zu stiften. Diese Mehrwerte dürfen natürlich auch von Gastautoren kommen und in diesem Artikel stammen die Gedanken und mE sehr interessanten Infos über Google AdWords von Andreas Reiffen (crealytics.de). Wer ähnlich spannende Themen auf kassenzone.de bearbeiten möchte, ist als Gastautor gerne eingeladen.

Jahr für Jahr werden weltweit ungeahnte Beträge von vermutlich mehreren 100 Millionen Euro in den Sand gesetzt. Die Größenordnung ist eine grobe Schätzung, abgeleitet aus den Zahlen zahlreicher SEM-Kampagnen aus dem Online-Versandhandel und der Online-Reisebranche, die ich im Laufe der vergangenen drei Jahre gesehen habe.

Interessanterweise wirkt die SEM-Performance auf dem Papier bzw. in den Reportings an die Unternehmensleitung in aller Regel exzellent. Google AdWords sieht – oberflächlich betrachtet – hochgradig profitabel aus und scheint zudem ein riesiges Umsatzvolumen zu generieren. Hier ein typisches Beispiel:

SEM-Performance 2009

generierter Umsatz: 10 Mio. €
generierter Deckungsbeitrag: 2 Mio. €
Kosten AdWords: 1,5 Mio. €
Kosten-Umsatz-Relation (KUR): 15%
Return on Investment: 33%
Gewinn: 0,5 Mio. €


Was für eine tolle Performance! Möglicherweise liefert SEM einen besseren ROI als andere Marketinginstrumente. Nach gängiger Praxis sollten also Budgets in Richtung SEM verschoben werden, um den ROI der Marketingkanäle möglichst auf das gleiche Niveau zu bringen. Genau das wird häufig auch gemacht.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich häufig ein völlig anderes Bild, das in dieser Form jedoch nur sehr selten in der Führungsetage ankommt:

SEM-Performance 2009 – Non-Brand/ohne Keywords, die den Markennamen der Website beinhalten

generierter Umsatz: 5 Mio. €
generierter Deckungsbeitrag: 1 Mio. €
Kosten AdWords: 1,425 Mio. €
Kosten-Umsatz-Relation (KUR): 28,5%
Return on Investment: -29,82
Gewinn: -0,425 Mio. €


SEM-Performance 2009 – Allein Brand Keywords, die den Markennamen der Website beinhalten

generierter Umsatz: 5 Mio. €
generierter Deckungsbeitrag: 1 Mio. €
Kosten AdWords: 0,075 Mio. €
Kosten-Umsatz-Relation (KUR): 1,5 %
Return on Investment: 1.233,33%
Gewinn: 0,925 Mio. €


Fairerweise dürfen die über Brand-Keywords generierten Umsätze nicht oder nur zu einem winzigen Teil dem SEM zugerechnet werden. Die Google Ads greifen schließlich primär diejenigen Kunden ab, die über andere Werbemaßnahmen gewonnen wurden, schon Bestandskunden sind oder aus irgendeinem Grund ohnehin zum entsprechenden Shop wollten. Würde man diese Brand-Keywords gänzlich abschalten, so würden die Umsätze dadurch vermutlich kaum spürbar zurückgehen.

Folglich bleiben allein die Zahlen der Non-Brand-Kampagnen übrig (Keywords zu Herstellermarken wie Adidas, Asics, Bench, … sind hier inbegriffen), die eine oftmals katastrophale Performance aufdecken – in diesem Beispiel einen hochgradig negativen ROI und einen operativen Verlust von 425.000 €. Berücksichtigt man zudem, dass die Brand-Keywords praktisch keinen Arbeitsaufwand erfordern und die gesamten Arbeitskosten (Honorar der SEM-Agentur oder Lohnkosten des inhouse-SEM-Teams) auf den generischen Bereich umgelegt werden müssten, fällt die Bewertung der Performance sogar noch schlechter aus.

In Unternehmen, in denen genau diese Problematik aufgedeckt wird, wird die riesige Kluft zwischen Ausgaben und Einnahmen oft durch den Branding-Wert und die gewonnenen Neukunden erklärt – ein Totschlagargument.

Hier ein einfach praktikabler Vorschlag, wie SEM-Kampagnen nüchtern und rational bewertet werden können – inklusive der Berücksichtigung von Branding-Effekten und Neukundenwerten:

1. Wert von Neukunden bestimmen

Es steht völlig außer Frage, dass Neukunden einen größeren Wert haben als der durch den ersten Einkauf gemessene Deckungsbeitrag. Wer es schafft, Kunden zu Wiederkäufern zu machen, kann mit einem erheblichen Neukundenwert rechnen. Der Wert von Neukunden kann bspw. mit diesem Tool (Excel-Datei) geschätzt werden.

2. Wert von Branding schätzen

Meiner Einschätzung nach wird der Branding-Wert von Google AdWords massiv überbewertet. Branding ist ein beliebtes Mittel, um schlechte Zahlen „schönzurechnen“. Wer dennoch der Meinung ist, dass der durch AdWords erzielte Branding-Wert eine wichtige Rolle für sein Geschäft spielt, der sollte schätzen, welchen Branding-Wert ein Klick beisteuert. Alternativ könnten auch Impressionen als Bemessungsgrundlage angesetzt werden.

3. Performance berechnen

Sind die Werte aus 1. und 2. bekannt, kann die echte Performance ganzheitlich berechnet werden. Nehmen wir das Beispiel von oben und ergänzen dieses um ein paar Zahlen! Angenommen, der Wert eines Neukunden (neben dem ersten getätigten Einkauf) läge bei 25 € und der Branding-Wert würde ignoriert. Die Arbeitskosten (Honorar der SEM-Agentur oder Lohnkosten des inhouse-SEM-Teams) betragen 150.000 €. Umsätze durch Brand Keywords werden aus den oben genannten Gründen ignoriert.

generierter Umsatz: 5 Mio. €
generierter Deckungsbeitrag: 1 Mio. €
Kosten AdWords: 1,425 Mio. €
Gewonnene Neukunden 10.000
Wert der Neukunden 0,25 Mio. €
Arbeitskosten 0,15 Mio. €
Gewinn/Customer Lifetime Value (CLV) -0,325 Mio.


Rechnung: Gewinn/CLV = Deckungsbeitrag + Neukundenwert – (Kosten AdWords + Arbeitskosten)

Dieses Rechenbeispiel zeigt, dass selbst bei Berücksichtigung des inhärenten Werts der gewonnenen Neukunden Verluste realisiert werden. Nun lässt sich eine einfache Aussage treffen: Der Neukundenwert müsste 42,5 € betragen, damit mit Google AdWords ein Nullsummengeschäft gemacht wird. Marketingverantwortliche müssen beurteilen, ob dieser Wert überhaupt realistisch ist. Wer einen längeren Zeithorizont ansetzt, kann den Neukundenwert sogar spezifisch für den SEM-Kanal ermitteln. Dazu muss im Zuge des Tracking eine Kundennummer übergeben und ein paar weitere Vorkehrungen getroffen werden. Gerne gebe ich auf Anfrage Tipps zur Umsetzung.

Sollte auch bei ganzheitlicher Betrachtung von Neukundenwerten und Branding-Effekten kein signifikant positiver Gewinn/CLV (nach Abzug aller Kosten) anfallen, so sollte umgehend gehandelt werden. In aller Regel sollte die Optimierungsstrategie überdacht werden. Verschiedene wissenschaftliche Arbeiten belegen, dass budgetgetriebenes Suchmaschinenmarketing in Verbindung mit ROI-Optimierung zu keinen optimalen Ergebnissen führt. Aus diesem Grund ist neuerdings Bewegung in den SEM-Markt gekommen. Die traditionellen ROI-Strategien werden immer öfter durch gewinnorientiertes Suchmaschinenmarketing (Profit Driven Search Marketing) abgelöst.

Wo stehen Sie? Optimieren Sie bereits im Sinne von Profit Driven Search Marketing?

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